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KINDERSCHUHE
Warum trägst du nicht wie ich
so schöne gelbe Schuhe?
Sie sind voll Trend in diesem Sommer,
ich fand sie in der Truhe.
Die Truhe - die steht auf dem Speicher,
sie ist schon urig alt.
Darin sind Opas alte Sachen,
er war in Buchenwald.
Diese schönen gelben Schuhe
lagen ganz weit unten.
Ich traute meinen Augen kaum
als ich sie hab gefunden.
Sie passten mir wie angegossen-
ich hab recht kleine Füße.
Innen steht kaum leserlich
"Von Traudi liebe Grüße".
Warum weinst du, liebe Mam?
Hab ich was übersehen?
Wer ist Traudi und was ist
mit dieser Frau geschehen?
Sie war dein liebes Schwesterlein
und wurd wie viele Kinder
vergast im KZ Buchenwald
im tiefsten, kalten Winter?
Oh Mam, dann sind die Schuhe ja
Zeugen einer Zeit,
die soviel Unrecht hat geboren,
gepaart mit Not und Leid.
Wenn du nichts dagegen hast,
allerliebste Mam,
zieh ich die gelben Traudi - Schuhe
morgen trotzdem an.
Sie werden leuchten wie die Sonne,
ein kleiner Hoffnungsschimmer.
Buchenwald ist heut Geschichte -
so soll es sein, FÜR IMMER.
(K. Magirius, Juni 09 )
STACHELDRAHTSEHNSUCHT
Am Stacheldraht der Sehnsucht
habe ich mich wund geträumt -
damals.
Heute trage ich Mauerreste
mit mir herum.
Ich wünsche mir manches Mal
diese Stacheldrahtsehnsucht
zurück
um ihren Träumen Flügel
zu verleihen...
(Kerstin Magirius, 09.11.09 )
BETTELND KLEINE KINDERHÄNDE
Bettelnd kleine Kinderhände,
Augen die voll Leiden sind.
Ausgefranste alte Kleider
hängen lau im Tropenwind.
Barfuß gehen sie auf Steinen -
suchend nach dem kleinen Glück.
Voodoozauber schürt die Hoffnung,
doch sie schwindet Stück für Stück.
Hunger schreit aus ihren Mägen,
Angst beherrscht den ganzen Tag.
Kugelschüsse schallen laut
wohin das Ohr auch hören mag.
Schmerzerfüllte Kinderschreie,
brennend heiße Sommernacht.
Tod beherrscht das grausam Elend,
reichlich hat er es bedacht.
Kleine, halb zerfallne Hütten -
Wasser aus dem Tränenfluss.
Kaum ein Reiskorn, Hungermägen -
wann ist damit endlich Schluss?
Bettelnd kleine Kinderhände,
Augen die voll Leiden sind.
Ausgefranste alte Kleider
hängen lau im Tropenwind.
(Kerstin Magirius, 08.04.2009 )
DER KLEINE HEINRICH
Ich bin heut lange weggeblieben -
hab mich nicht nach haus gewagt,
weil die Schelte von der Mama
mir nicht wirklich gut behagt.
Dabei hab ich nix verbrochen,
nur paar Äppel mir geklaut
von des Nachbars schönen Garten,
wo ich kurz vorbeigeschaut.
Dann bin ich zum Ackerbauern
wo Kartoffeln so rum lagen,
die hab ich mir mitgenommen -
hatte schwer daran zu tragen.
Und der Pferdewirt von drüben
hat dem Gaul das Brot gegeben.
Der Gaul, der wollte es nicht fressen,
so blieb ich dann daran kleben.
Niemals war ich schlechter Absicht,
hab nur immer dran gedacht,
dass ein voller Kindermagen
nicht nur satt, auch glücklich macht.
(Kerstin Magirius, 23.09.09 )
BLUTROT
Auf der Erde liegt ein Rest Blut
des Krieges von gestern.
Heute kommt neues Blut dazu.
Irgendwann ist die ganze Erde rot
und der Mensch hat kein Blut mehr,
das er vergießen könnte.
Dann atmet nur noch der Wind
und die Sonne schließt
müde ihre Augen...
(Kerstin Magirius, 31.10.09 )
LAND DES VERGESSENS
In mir spüre ich nur Leere,
ist so stille in mir drin.
Hab verloren meine Seele,
weiß gar nicht mehr, wer ich bin.
Manchmal kommt ein Scheibenwischer,
putzt mir meine Augen blank.
Doch da kann er ewig putzen,
meine Augen - sie sind krank.
Ich kann nicht mehr richtig laufen,
selbst das Reden fällt mir schwer.
Fremde Menschen sagen "Papa",
ich erkenne sie nicht mehr.
Ausradiert ist alles Gestern -
nicht ein Name, den ich weiß.
Hab vergessen meine Lieben,
bin nur noch ein alter Greis.
(Kerstin Magirius, 23.11.2009 )
DUNKLES LEBEN
Auf der Wiese vor dem Haus
spielen Lisa, Peter, Klaus -
nur der kleine Thomas nicht,
er verlor sein Augenlicht.
Immer wenn die Kinder lachen
und die tollsten Sachen machen,
steht der Thomas ganz alleine
und vertritt sich still die Beine.
Manchmal tastet er sich vor
bis zum alten Gartentor.
Weiter darf er noch nicht gehen,
könnte ja so viel geschehen.
Opa Max sitzt auf der Bank -
Thomas denkt, der Mann ist krank.
Er hat kalte, welke Hände,
diese Hände sprechen Bände.
Thomas setzt sich neben ihn,
beide hörn die Stare ziehn,
beide spüren sie den Wind,
beide Menschen - sie sind blind.
(Kerstin Magirius, 29.10.2009 )
STROM DER EINSAMKEIT
Ich kann mich nicht mehr finden,
fühl mich einsam hier.
So viele fremde Menschen -
kein Stein, den ich für sie werfen würde,
kein Licht, das mich durchströmt.
Ich gehe durch fremde Straßen...
der Wege gibt es viele.
Meine Füße sind längst müde,
meine Ohren hören das Stöhnen
der alten Häuserwände nicht mehr.
Manchmal bleibe ich stehen,
suche mein Gehen zu ergründen -
blicke fragend zurück und
erkenne im Nebelschleier eine Gestalt.
Sie winkt mir schemenhaft zu...
...und ich weiß, das bin ich
die da zurückbleibt, immer weniger wird.
Am Ende suche ich mich vergebens.
Alles Vertraute stirbt vor meinen Augen.
Ich wandle im Strom der Einsamkeit.
(Kerstin Magirius, 07.04.2009 )
LASS DAS LICHT HEREIN
Es ist der Hass in deinem Herzen
den du fühlst und den du schürst.
Es ist Verzweiflung deiner Seele
die hier manchen Tanz vollführt.
Es ist die Angst vor deiner Krankheit
die mit Ohnmacht dich erfüllt.
Es ist der große Wunsch nach Rache
der dein Licht in Dunkel hüllt.
Du hast ein Monster so erschaffen,
es will leben, in dir drin.
NUR DU kannst es im Keim ersticken,
sonst zerstört es dein ICH BIN.
Lass das Licht in deine Seele!
Es heilt besser als manch Wort.
Gib der Liebe eine Chance,
lass sie leben, immerfort.
(Kerstin Magirius, 15.10.09 )
SCHULHOF
Auf dem Schulhof
stapeln sich
spielend laute Kinder.
Hüpfen , rennen,
fallen hin -
kalt ist dieser Winter
Asphaltgrauer
Pausenhof,
viele kleine Hände
malen bunt ein
Blumenmeer
mit Kreide an die Wände.
Ringsherum ein
Kindertraum,
Wünsche die laut schallen -
und auf kaltem
Asphaltstein
ungehört verhallen.
Regentropfen
ohne Zahl
fallen auf die Kinder,
wischen weg das
Blumenmeer -
traumlos bleibt der Winter.
(Kerstin Magirius, 28.09.2009 )
SCHREI NACH LIEBE
So lange bin ich schon dein Kind,
doch immer noch sind wir uns fremd.
Es ist, als wenn in deinem Herzen
eine andre Flamme brennt.
Laut schreit meine Kinderseele
unter deiner harten Hand.
Sie hat sich tief als große Wunde
in mein kleines Herz gebrannt.
Keine Wärme, keine Liebe,
ich erfriere Stück für Stück.
Der Himmel kommt mir immer näher,
holt mich bald zu sich zurück...
(Kerstin Magirius, 05.10.2009 )
DER ALTE MANN
Um die Ecke, in der Kneipe
trinkt er Bier für Bier.
Sein Verstand hängt auf der Leine
nachmittags um vier.
Lallend schimpft er auf sein Leben,
schenkt sich noch eins ein.
Niemand würdigt seine Worte,
er ist ganz allein.
Auf der Straße sehn die Leute
diesen alten Mann,
der verwahrlost und betrunken
kaum noch laufen kann.
Müde tragen seine Schritte
ihn zu sich nach Haus.
Kaum, dass er die Türe öffnet
möcht` er wieder raus.
In der Wohnung liegt seit Jahren
seine kranke Frau.
Schmerzerfüllt ist oft ihr Stöhnen,
macht ihn alt und grau.
Keine Freunde sind geblieben,
alles war nur Schein.
Manchmal pfeift er auf sein Leben,
möchte tot schon sein.
Doch da gibts die kleine Kneipe
gleich im Hanseeck.
Dort sitzt er oft und spült mit Bier
seine Tränen weg.
(Kerstin Magirius, 06.08.2009)
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